Alle Bilder (c) Detlev Schneider;
BUNTE - Oma mit 49 - ich fühl mich sexy!

Marie Theres Kroetz-Relin
In BUNTE schreibt  die Schauspielerin, warum sie sich als Großmutter so jung und begehrt fühlt wie nie

Attraktiv, erfolgreich, Oma - geht das? Logisch! Im Herbst stand ich als Nonne mit meinem Ex für den historischen TV-Mehrteiler „Marthes Geheimnis“ vor der Kamera. Jetzt komme ich gerade von den Dreharbeiten zu „Inga Lindström“ aus Schweden zurück. Großartige Rolle und gleich zwei echte Männer (Thorsten Nindel/ Filip Peeters) streiten sich im Film um mich. Yeah!

Seitdem ich Großmutter geworden bin, fühl ich mich wieder jung. Die Reaktionen auf mein Glück sind herrlich: „Du, Oma? Unmöglich!“ Jedes „zu jung, zu schön“ lässt mein Selbstbewusstsein stündlich wachsen. Hab ich noch unlängst mit meinem Spiegelbild gehadert, so hat ab jetzt jede Falte seine Berechtigung. Ich trage wieder Miniröcke und stelle meine weiblichen Rundungen aus, auch wenn die Kleidergröße 36 zugunsten der 38 weichen musste. Sexy trotz Oma? Das kommt auch in der Männerwelt sehr gut an. Ist es, weil ich dem großmütterlichen Bild so gar nicht entspreche? Deutschland veraltet, junge Mütter sind Mangelware in unserer Gesellschaft, jede Dritte ist bei der Geburt über 35!  Viele Frauen in meinem Alter haben ein Kleinkind daheim oder überlegen sich noch schnell als Karrierebonbon ein Ei zu legen. Ich war mit 28 Jahren eine dreifache Mama.

 

Das Loslassen fällt schwer, auch wenn es schön ist, meine drei Persönlichkeiten herangewachsen zusehen, mit denen mich auch eine tiefe Freundschaft verbindet. Als mein Sohn im letzten Jahr auszog, quälte mich das Leere-Nest-Syndrom. Arbeitslos? Ich musste lernen der alltäglichen Routine des Mutterseins Adieu zu sagen. Trotz Selbstmitleid stürzte ich mich in wilde Zukunftspläne: Heilpraktikerstudium? Umzug? Weltreise? Comeback als Schauspielerin? Neuer Mann? Die Welt stand mir offen.

 

Aber, Pustekuchen, nix mit leerem Nest! Just im Moment meiner Entscheidungsfreudigkeit hieß es „Mama, ich bin schwanger!“ Eine Achterbahn der Gefühle löste die freudige Nachricht meiner Tochter Josephine in mir aus! Dabei war es mein Wunsch vor dem 50. Geburtstag Großmutter zu werden. Aber wer rechnet schon damit - heutzutage?

 

Mit dem heranwachsenden Bauch veränderte sich mein Leben. Ich wurde zur stolzen „Wandermama“ und pendelte zwischen meinen Kindern hin und her. Beim Auspacken der aufgehobenen Babysachen traf mich ein Flash nach dem anderen. Ich konnte mir weder vorstellen, dass in diesen süßen Stramplern jemals meine Kinder steckten noch, dass sie demnächst neu belebt werden würden. Mein Baby wird Mama! Man wächst ja mit seinen Kindern mit, nimmt die Gegenwart wahr und kann im Kopf nur noch auf Anekdoten oder Fotos zurückgreifen. Nach langen neun Monaten, endlich die Geburt.  Was für einschneidendes Erlebnis! Ich war dabei, als am 23. März die kleine Matilda das Licht der Welt erblickte. Unvergesslich! Der Wonneproppen verzauberte von Anfang an die ganze Familie – auch den Opa. Meine Tochter mutierte zu einer jungen, so natürlichen Bilderbuchmama.

 

Wenn ich Matilda in meinen Armen halte und ihren Babyduft einsauge, dann fühle ich mich wie Aladin, der an seiner Wunderlampe reibt: Sämtliche, längst vergessene Momente - auch an die eigene Kindheit - tauchen wieder auf.  Und wenn ich in ihre tiefblauen Augen gucke und mit meinen Baby Talk, sich ihre kleinen Augenbrauen, in voller Bereitschaft zum Entdecken, in Fragezeichen wellen, dann geht mein Herz auf.  Hurra, ab jetzt darf man ungeniert spielen, das Kind in einem erwacht und selbst der Osterhase wartet wieder um die Ecke.

 

Gefühle bleiben jung! Auch in der Liebe, denn es ist völlig egal, ob man sich mit 17 oder 70 verliebt, die Schmetterlinge im Bauch verweilen! Und das tröstet mich obendrein - so kurz vor den Wechseljahren.

 

Genug philosophiert, das Filmfest in München ruft. Oma schmeißt sich jetzt in Schale und hofft, dass sie auf der Jagd nach dem Comeback nicht über den roten Teppich stolpert. Hihi. Das Leben ist schön!

 

 

 Bunte 2.7.15

 BUNTE 2.7.2015

 

© Marie Theres Kroetz Relin, erschienen in BUNTE am 2.07.2015, Heft 28

 
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