Alle Bilder (c) Detlev Schneider;
Der Medien vergessener Weltstar I

Ein Kommentar zum 85. Geburtstag von Maria Schell

„Das gibt’s doch gar nicht!“ verzweifelt blättere ich in der Fernsehzeitschrift, mein Finger über den 15. Januar kreisend und suche nach meiner Mama. „Bei 161 deutschsprachigen TV-Sendern, wird doch einer davon in der Lage sein, einen Film zu Ehren von Maria Schell auszustrahlen. Es ist immerhin ihr 85. Geburtstag!“ Ich suche und schimpfe weiter. „Ja klar, lieber kotzt uns verbal der Bohlen in die gute Stube oder irgendein Bauer sucht seine Kuh - ich weiß.“ Mein Finger stoppt.

„Da ein Film, aber nur eine 5-Minuten-Rolle: als Mama von Superman. Immerhin hat sie als Papa Marlon Brando an ihrer Seite. Welcher Sender? Brrrr, RTL II.“ Mich schüttelst. „Fastfood-TV und Werbung, madre mia, und weit und breit kein weiterer Film zu finden.“ Fassungslos und mittlerweile auch wahllos blättere ich in der Zeitung herum. „Das darf doch nicht wahr sein! Jeden Deppen gedenkt man, nur meine Mama wird vergessen. Sie war doch ein Weltstar und streichelte mit ihren Gefühlen die Seele eines Millionenpublikums! Und ihre Fans leben noch!“, fauche ich die Zeitung an, so als säße irgendein verantwortlicher Medien-Fuzzi vor mir. „Von den rund 81,8 Millionen Einwohnern in Deutschland sind 16,9 Millionen über 65 und älter. Jawohl, jeder Fünfte ist über 65! Einem Viertel der Bevölkerung sagt der Name Maria Schell bestimmt etwas.“ Ich werde nachdenklich. „Die Alten mutieren zur neuen „lost generation“. Auch sie werden vergessen - jung sein ist in. Ein Film löst doch Erinnerungen und Gefühle aus, wie ein Duft oder eine Musik.“ In meinem Kopf wandeln Bilder. „Warum mich das wohl so beschäftigt? Vielleicht, weil meine Mama bis zum Schluss gerne alte Filme gesehen hat. Vielleicht, weil ich einer der wenigen bin, die ihre Mutter in bewegten Bildern „lebendig“ sehen kann. Vielleicht, weil ich meinen Kindern ihre Großmutter in Erinnerung rufen möchte. Aber am wahrscheinlichsten ist, weil ich sie vermisse. Ach, Mami, Du fehlst.“
Und in diesem Moment fällt mein Blick auf: Rose Bernd, 17.1., MDR.
Danke.

© Marie Theres Kroetz Relin, 15. Januar 2011 , geschrieben für BILD AM SONNTAG


 
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