Alle Bilder (c) Detlev Schneider;
Freizeit Revue - Legenden Privat/Regenbogen-Blues
Lieber fahre ich zur Hochzeit statt zur Beerdigung!“, dachte ich im August 2013 auf dem Weg zur Trauung meines Onkels und seiner Iva auf der Alm. Es regnete in Strömen. Wir alle waren uns nicht sicher, inklusive der Braut, ob Maximilian angesichts der nassen Tatsachen wirklich in den Hafen der Ehe segeln würde.

Er war jähzornig und wusste seine Worte darzustellen, im Guten wie auch im Bösen. Als Kind machte ich mir bei seinen verbalen Gewittern fast ins Höschen, als Frau konterte ich mit weiblichem Charme. Er liebte starke Frauen. „Einer Frau treu zu sein, ist eine Unverschämtheit allen anderen Frauen gegenüber.“

Ein Schelm war er schon als Kind. Als er einen Tisch kaputtmachte, ging er zu seiner Mutter: „Ach Mutti, so schön war unser Tisch. So schön!“ - „Was ist denn mit dem Tisch?“ - „Ich glaub, du musst mit ihm zum Tischler gehen.“ Gewusst wie!Der Regen bei der Waldhochzeit aber war ein gutes Omen und beim Jawort ertönte „Somewhere over the rainbow“ von Judy Garland. In diesem romantischen Moment knüpften sich Erinnerungen wie eine Perlenkette in mir auf.

„Wenn du groß bist, werde ich beim Papst eine Genehmigung einreichen, damit ich meine Lieblingsnichte heiraten kann.“,sagte er. Im kindlichen Alter, wo der Traummann einem Prinzen glich, erschien mir dies durchaus als akzeptable Alternative für die Zukunft. Allerdings missfiel das meiner Mama, denn am Liebsten hätte sie ihren Bruder geheiratet. Sie zerfloss jedes Mal vor lauter Hingabe vor dem attraktiven Mannsbild.
„Ich liebe die Ordnung und erzeuge überall Chaos.“ Das Chaos, das Außergewöhnliche wurde zum Alltag in meiner Jugend. Ich lernte durch ihn klassische Musik und Malerei lieben, saß ganz selbstverständlich auf dem Sofa neben Friedrich Dürrenmatt oder Mick Jagger und schaute dabei auf Gemälde von Picasso oder Chagall.

Bis heute unverständlich ist mir die „Familienkrisensitzung“ als ich die Goldene Kamera erhielt: Maximilian und meine Mutter empfahlen mir den Preis nicht anzunehmen, denn meine Leistung wäre nicht dementsprechend gewesen – es wäre vornehmer. Ich war 19 Jahre alt.
Bei der Geburt meiner Tochter Josephine tauchte unverhofft meine Mama im Kreißsaal auf und modelte diesen zum Festsaal um. Maximilian war mit dabei und schenkte mir einen Anhänger, der heute noch meinen Schlüsselbund ziert.
Ich klammerte mich an Max am Grab meiner Mutter. Ergreifend war der Moment, als er zu einem letzten Applaus für sie aufforderte: Der graue Himmel tat sich auf und ein Regenbogen erschien.

Der Beifall der Hochzeitsgäste riss mich aus meinen Gedanken. „Abschied vom Weltstar zwischen Walderdbeeren und Eierschwammerln? Blödsinn!“ dachte ich verwirrt. Es sollte aber die letzte Gelegenheit sein, meinen Onkel in die Arme zu nehmen - an diesem freudigen Tag.


© Marie Theres Kroetz Relin, erschienen in FREIZEIT REVUE am 28.05.2014 Heft NR. 23

Freizeit Revue 28.05.2014

 


 


 
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